Prag: Beauty mit interessanten MICE-Immobilien

Wer Prag noch in den kommunistischen Achtzigern besucht hat, erkennt zwar noch die Straßenzüge wieder, aber die Stadt ist eine echte Schönheit geworden. Erst mal pumpten westliche Investoren nach der Gründung der Tschechischen Republik Milliarden in die Stadt. Ihre wahre Blüte hat – so paradox es klingt – die City aber erst nach einer Naturkatastrophe erlangt.

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Die Karlsbrücke, die Prager Burg, die Altstadt und natürlich die Moldau – das alles ist in Prag gut zu Fuß zu erreichen. Foto: Prague Convention Bureau

Wenn es DEN ultimativ besten Gastgeber zu wählen gäbe, der als Direktor in irgendeiner Großstadt dieser Welt Dienst schiebt, — Martin Zidek wäre gewiss in der Endauswahl. Der General Manager des Art Nouveau Palace Hotels in Prag hat ein Gedächtnis wie ein Großrechner, kennt den Namen jedes Gastes, merkt sich jedes Detail, das er erzählt bekommt, und scheint omnipräsent zu sein.Begrüßung, Abreise, die kurze, freundliche Frage, ob alles beim Frühstücksbuffet in Ordnung ist und ob die Matratze im Bett einen angenehmen Schlaf beschert hat. Das hat sie. Kurze Führung durchs Hotel. Die 124 Zimmer auf acht Etagen des 1909 im Art-Nouveau-Stil erbauten Hotels liegen ideal im Stadtzentrum von Prag, nahe dem Wenzelsplatz. Zidek führt aufs Dach des Hotels und zeigt, dass noch längst nicht alle Immobilien den Standard haben wie das feine, individuelle Haus, das er führt. Zidek beweist auch guten Humor, als er auf den stalinistisch-schicken Fernsehturm deutet, den die Prager das hässlichste Gebäude der Welt nennen.

 

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Das Art Nouveau Palace Hotel wurde 1909 erbaut und in den 1990ern umfassend saniert. Foto: Art Nouveau Palace Hotel

Aber die Häuser und deren Fassaden, an denen die Touristen und Geschäftsleute vorbeiströmen, sind aufs Feinste renoviert: Denn im August 2002 wurde die Tschechische Republik von einem ausgedehnten Hochwasser heimgesucht, der größten Naturkatastrophe in der neuzeitlichen Geschichte des Landes. Die Überschwemmungen, die an einigen Stellen Ausmaße annahmen, wie sie statistisch gesehen nur alle 500 Jahre vorkommen, wüteten auf mehr als einem Drittel des Staatsgebietes. Sie forderten 17 Todesopfer, mehr als 200.000 Menschen mussten evakuiert werden. Die Flut verursachte Schäden von mehr als 2,4 Milliarden Euro. Tausende Immobilien rund um die weltberühmte Karlsbrücke mussten danach kernsaniert werden. Deswegen ist die City von Prag also so besonders schön.

Zideks Art Nouveau Palace Hotels war vom Hochwasser nicht betroffen. Das wäre auch schlimm gewesen, denn das Hotel war nach dreijähriger Sanierung erst 1989 wieder aufgebaut worden: Nur die Außenmauern ließ der Architekt stehen; das Innere des Hotels wurde komplett neu gebaut und dann wieder mit den historischen Originalmöbeln von 1909 ausgestattet.

Doch genug geplaudert mit dem netten Hoteldirektor. Die stets gut gelaunte Lucie Rajdlová vom Prague Convention Bureau lässt uns zum Oreo Hotel Pyramida chauffieren. Das heißt so, weil die Architekten aus der kommunistischen Ära dem Haus eine Pyramidenform verliehen haben. Neun Meeting Rooms und eine Kongresshalle für 500 sind schon Argumente, die der Planer nicht vergessen darf. Im großen Indoor-Pool und dem riesigen Fitnessraum mit den nagelneuen Geräten nach der anstrengenden Tagung zu entspannen, ist auch eine feine Sache. Oreo Pyramida gehört zur Oreo Gruppe mit 17 Häusern und dort ist Eigner Stefan Lukes froh, eine Tagungsstätte in Prag auf dem Berg zu haben, die sogar ein Kino für 377 Personen mit professioneller Projektionstechnik hat.

Ein weitaus schöneres Gebäude ist das Palais Lobkowitz in der Prager Burg (tschechisch Lobkovick palác) das um 1550 als Palais der Herren von Pernstein errichtet wurde. Eigentümer ist Martin Lobkowicz. 2007 wurde das Palais als privates Familienmuseum eröffnet, das von seinem Sohn William Lobkowicz und dessen Ehefrau Alexandra geleitet wird. Für stilvolle Corporate Events mit Sensationsblick lassen sich fast alle Räume mieten, berichtet Sales Manager Jan Novotny.

Wer dann von der Burg über die Karlsbrücke auf die andere Seite der Moldau läuft, kommt am Bellevue Restaurant vorbei. Darüber einige Worte zu verlieren, lohnt nicht nur der exzellenten, experimentellen Küche wegen. Das Haus wie drei weitere Nobel-Restaurants gehören der Zatisigroup, erzählt deren Verkaufsdirektorin Eliska Jehlickova, derweil die Jakobsmuscheln munden. Die Zatisigroup ist der exklusive Caterer des Prager Congress Centers und catert seit zwei Jahren europaweit, wie zuletzt ein exklusives Dinner für 360 Ober- und Chefärzte in Venedig. Wer in der Business Class des National-Carriers Czech Airlines reist, der wird von der Zatisigroup verpflegt. Planer von anspruchsvollen Kundenkreisen buchen auch gerne die Zatisigroup in Verbindung mit einer Besichtigung der Nationalen Staatsoper. Ist die Führung beendet, öffnet sich der Vorhang und bis zu 30 Personen speisen auf der Bühne.

Nach dem Essen lässt es sich trefflich in einem Vodous entspannen. Diese Boote, die unter der Karlsbrücke ablegen, haben einen so geringen Tiefgang, dass sie in die kleinen Kanäle passen. Die Prager Altstadt vom Wasser aus zu bestaunen, ist auch eine nette Idee für eine organisierte Pause zwischen Vormittag und Nachmittag. Oder ein 30-minütiger Kurzausflug vor dem Abendessen. Ein süffiges Pilsener Urquell und ein tschechisches Stieleis sind im Fahrpreis jedenfalls schon inkludiert.

Ein Geheimtipp ist die Town Hall. Wer das Gemeindehaus buchen möchte, sollte das sehr früh versuchen. Denn es steht Firmen- und Privatveranstaltungen nur maximal dreimal im Monat offen. Wer das Glück hat, kann Feste für bis zu 1.000 Personen in den historischen Räumen feiern: ein baulicher Rahmen, der seinesgleichen sucht. Schon Smetana spielte an der Orgel in der Bürgermeistersuite. Ein orientalischer Raum, ein Restaurant im Art-Nouveau-Stil – wer feine Architektur mag, dem gehen die Augen über.

Wir denken schon an den Chemiker-Kongress, dem wir mittags kurz beiwohnen werden. Oh, wie steif werden die renommierten Wissenschaftler am ersten Abend wohl miteinander umgehen, bis die ersten wichtigen Themen auf den Tisch kommen und Frische in die Diskussionen pusten. „Das schaffen wir schneller“, sagt Jan Skroud und führt uns durch das nagelneue Musée Grévin Prag. Seit wir das erste Mal das Musée Grévin besucht habe, es war in Paris vor 40 Jahren, sind wir jener Kunst, die den offiziellen Namen Ceroplastik führt, rettungslos verfallen. Nicht etwa Madame Tussaud’s ist der Weltmarktführer für Wachsfigurenkabinette. Sondern das Musée Grévin, berichtet der Prager Skroud. Es gehört zur Compagnie des Alpes, dem nach eigenen Angaben zehntgrößten Vergnügungsparkbetreiber auf der Welt. Das Skidorf Les Arcs gehört genauso dazu wie diverse Asterix-Parks und Fort Funs. Das Besondere am Musée Grévin: Es bettet seine Figuren in Räume ein. Hier können die Wissenschaftler einen Film anschauen und neben ihnen hocken John Lennon und Ringo Star. Oder an einer Bar sitzen und mit den Kollegen ein Getränk einnehmen, derweil viele Prominenten das Gleiche tun, nur dass sie sich dabei nicht bewegen. Das Ganze ist sehr lustig und auch interessant. Denn Musée Grévin hat eine Technik entwickelt, mit der lebende Zeitgenossen komplett eingescannt werden, so sie die Prozedur denn über sich ergehen lassen. Das Ergebnis ist so unglaublich lebensecht, dass die Gruppe, die das Convention Bureau von Prag eingeladen hat, gar nicht gehen will. Doch das Dinner im Hard Rock Cafe wartet.

 

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Das Forum Karlin ist nagelneu und will eine der ersten Adressen für Galas bis 800 Personen werden. Foto: Forum Karlin

Tags darauf geht’s zur Veranstaltungshalle Forum Karlín. Früher gehörte die Gegend hier auch nicht zu den besten, aber die Flut hat auch hier kräftig aufgeräumt. In der alten Heizungsfabrik ist modernste Veranstaltungstechnik installiert. Enorme 2.000 Menschen passen hier sitzend für eine Gala rein, berichtet Sales Manager Stepranka Redlichova. Akustikelemente in der Decke und am Boden dämmen auch bei lauten Klängen den Schall, so dass alles Gesprochene verständlich bleibt. Über eine Deckenkonstruktion können Autos einschweben. Acht Breakout-Rooms machen das Forum Karlín auch interessant für Kongresse und interne Firmenveranstaltungen Investor Zdenek Bakala, der Drittreichste in der Tschechischen Republik, wird sein Geld bestimmt schnell wieder eingespielt haben. Darauf kommt es ihm aber laut seinem Manager gar nicht so sehr an. Mit seinem Geld unterstützt er arme Familien. „Wir werden eine der ersten Adressen für Galas mit mehr als 800 Personen“, meint Sales Manager Stepranka Redlichova mit absolut gewissem Unterton in der Stimme. Da mag er Recht behalten.

Wir stoppen kurz beim Marriott Hotel. Schon ziemlich edel, raunt einer aus unserer Gruppe. Senior Account Manager Lukas Mika zeigt die elf Meeting-Rooms für bis zu 500 Personen. Wer bei den Räumen Bohe eins bis drei die Zwischenwände rausnehmen lässt, hat Platz für 500 Teilnehmer eines Corporate Events. Die werden, wenn sie Fleisch mögen, zur Hauptmahlzeit ordentlich verwöhnt. Vor drei Jahren ist das Hauptrestaurant in ein so genanntes USDA-Steakhouse umgebaut worden, wo es nur US-Rind in seiner erlesensten Art gibt.

 

Gute Aussenansicht
Mit 60 Breakout-Räumen, 6.000 Quadratmetern und zwei herrlich-dekadenten Board-Rooms prädestiniert für Großveranstaltungen. Foto: Prague Convention Bureau

Das Größte kommt zum Schluss: Prague Congress Center. 9.600 Delegierte passen rein und als wir im Foyer stehen, fällt uns auf, dass wir das Gebäude schon einmal gesehen haben. Ja, es ist die exakte Kopie des CCH in Hamburg. Nur dass die Kommunisten seinerzeit genau dieses Haus zur Eröffnung 1981 als Versammlungsstätte ihrer Partei unter Beschlag nahmen. Zur Erbauung der Herrn mit den roten Sternen auf den Schirmmützen wurde sogar eigens ein Pool auf die Bühne gebaut, wo Nixen des Staatsballetts mit Delphinen akrobatische Tänze vollführt haben sollen. Der Pool ist weg, aber die schiere Größe überzeugt. Hana Obrazkova, Sales Managerin des heutigen Kongresshauses lässt als gute Gastgeberin erst einmal leckere Schnittchen verteilen und erzählt dann, dass es oft vorkommt, dass elf Events zur gleichen Zeit in ihrem Haus laufen. Zu den 60 Breakout-Rooms gesellen sich 6.000 Quadratmeter Ausstellungsfläche. Weswegen schon alle Top-Unternehmen von Weltrang und die meisten Fachgesellschaften der Ärzteschaft hier waren, weil ja bekanntlich der beste Kongress heute nicht mehr zu bezahlen ist, wenn er nicht durch eine Industrieausstellung flankiert wird, die für die Messe zahlt.

Übernächstes Jahr wird umgebaut und modernisiert. Mal sehen, ob dann im Hauptsaal noch die 2.700 festen Ohrensessel (für die Jungs mit der Uniform damals) stehen. Managerin Hana Orazkova jedenfalls gefallen sie, auch weil sie erst vor 14 Jahren ausgetauscht wurden. Naja, die ärztliche Fachgesellschaft, die das mit beeinflusst haben soll, hatte eben einen ausgefallen-konservativen Geschmack. Warum sich Planer die Location merken sollten: Wegen ihrer Größe, des exzellenten Preis-Leistungs-Verhältnisses und auch der guten Anbindung wegen. Nur eine Straßenbahnhaltestelle entfernt stoppt der Schnellzug. Nach Berlin, Nürnberg, Hamburg und Frankfurt gibt es mehrmals täglich Verbindungen, die vier bis fünfeinhalb Stunden benötigen. Und wer das Congress Center bucht, der sollte den Topgästen einen besonderen Spaß gönnen: Die zwei Beratungsräume, in denen auch schon Breschnew seine Befehle diktierte, in der bombastischen, spätkommunistischen Architektur mit den ultraschweren Ledersesseln und der modernen Glasfiber-Lichtarchitektur, die wie ein Himmelskörper über dem kreisrunden Tisch schwebt. Samsung- und Skoda-Vorstände lieben es, hier aushäusige Vorstandssitzungen abzuhalten.

Diese Leute nutzen die Nähe zum Holiday Inn, das durch einen verglasten Übergang verbunden ist. Beide Immobilien gehören Stadt und Staat; Letzterer will wohl bald an die Stadt Prag verkaufen. Ganz im Gegensatz zu der Schwere der riesigen CCH-Kopie kommt das Hotel leicht daher mit einem schönen Wintergarten. Hoteldirektor Peter Veselý hat das Haus zum ersten Design-Hotel nach der Grenzöffnung gemacht. Veselý ist ein Feinschmecker, weswegen auch so viele Prager zum Mittagessen hierher kommen. Es wirkt eigentlich viel eleganter, als wir es von den uns sehr sympathischen Holiday Inns kennen. Kein Wunder, dass aus dem Haus noch in diesem Jahr ein Crowne Plaza werden soll.

Von Thomas Grether