Postpandemische Zukunftsaussichten: Chancen und Herausforderungen in einer Welt nach Corona

Seit über einem Jahr befindet sich unsere Branche im Ausnahmezustand. Erst kürzlich vermeldete das Statistische Bundesamt einen Umsatzeinbruch von 56 % für den MICE-Sektor im Corona-Jahr 2020. Und obgleich die Hoffnung doch zuletzt stirbt, erleben wir bisweilen eine zunehmende Hoffnungslosigkeit, die mit jedem weiteren Tag der Ungewissheit mehr zur neuen Realität wird.

Ungewissheit, Herausforderungen & Chancen: Quo vadis?

Wer auf dem Zenit der Rezession dennoch zuversichtlich bleiben möchte, muss sich spätestens jetzt mit der postpandemischen Zukunft auseinandersetzen, die uns allen bevorsteht. Wie also geht es weiter und welche Chancen und Herausforderungen erwarten uns?

Bei der Beantwortung dieser Fragen gehen die Vorstellungen weit auseinander. Während einige dystopische Untergangsszenarien zeichnen, malen sich wieder andere Utopien einer revolutionierten Branche aus, die den neuen Gegebenheiten mit ganzheitlich veränderten Prozessen begegnet.

Ich möchte mir an dieser Stelle weder ein Urteil erlauben, noch möchte ich ein weiteres Zukunftsszenario entwerfen. Vielmehr geht es mir in diesem Beitrag darum, die existierenden Ansätze einmal gedanklich durchzuspielen und unabhängig von ihrem Eintreten auf ihre wesentlichen Grundannahmen und Erkenntnisse herunterzubrechen.

Dieses Potpourri an Ideen soll schließlich dabei helfen, einen individuellen Ansatz für den Umgang mit den neuen Gegebenheiten zu entwickeln und bei Bedarf entsprechend auf das Unvorhergesehene reagieren zu können.

Neue Anforderungs- und Kompetenzprofile für Full-Service-Eventagenturen

Nicht zuletzt möchte ich der Hoffnungslosigkeit etwas entgegensetzen! Als Full-Service-Agentur für Teamevents hat auch uns die Corona-Krise schwer zu schaffen gemacht. Aufgrund der Kontaktbeschränkungen waren klassische Onsite-Events kaum mehr möglich, trotz entsprechender Hygienekonzepte sank die Nachfrage nachvollziehbarerweise auf ein historisches Tief.

Zeitgleich stieg jedoch das Interesse an teambildenden Maßnahmen für Mitarbeiter und Teams im Homeoffice, weshalb wir uns schnell selbst inmitten einer digitalen Transformation wiederfanden.

Um den veränderten Anforderungsprofilen des Teambuildings in Zeiten von Social Distancing begegnen zu können, haben wir Ende letzten Jahres eine neue Plattform für virtuelle Teamevents gelaunched. Im direkten Austausch mit unseren Kunden und langjährigen Partnern haben wir eigens hierfür innovative Eventkonzepte entwickelt, die auch nach der Krise Teil des Angebots bleiben sollen.

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Abb.: younited

Inwieweit sich die Nachfrage – insbesondere in Hinblick auf hybride Eventformen – entwickeln wird, bleibt allerdings abzuwarten. Die fehlenden Erfahrungswerte im Umgang mit einer solchen Situation, wie wir sie momentan erleben, lassen schlichtweg keine fundierten Voraussagen zu.

Sehr wohl aber beschäftigt man sich inzwischen mit den möglichen Szenarien. Die Meinungen darüber könnten kaum unterschiedlicher ausfallen; so heißt es von der einen Seite, die Dinge hätten sich unumkehrbar gewandelt, von der anderen Seite heißt es hingegen, die Transformation sei lediglich temporär und die Rückkehr zur Ausgangssituation nur eine Frage der Zeit.

Postpandemische Zukunftsszenarien: der Blick in die Kristallkugel

Lassen Sie uns einen Blick auf drei exemplarische postpandemische Szenarien werfen und diese kurz einmal gedanklich durchspielen. Dass wir hiermit nur einen Bruchteil der Möglichkeiten beleuchten werden, versteht sich von selbst. Doch es geht an dieser Stelle eben weniger um die Zukunftsvisionen als solche, sondern vielmehr darum, ein Verständnis dafür zu entwickeln, welche Agilität in der Eventbranche vorausgesetzt wird.

  • Szenario I: Events werden dauerhaft anders sein

Eine mögliche These lautet, der Transformationsprozess würde den Markt dauerhaft verändern. Das heißt auch nach der Pandemielage sei eine Rückkehr zur bisherigen Realität unwahrscheinlich bis ausgeschlossen.

Hierfür sprächen insbesondere die Kosteneinsparungen für Unternehmen bei digitalen Events (keine Reise- und Unterbringungskosten, geringere Teilnahmegebühren, etc.) sowie eine veränderte Konditionierung der Kunden als Überbleibsel der Pandemie.

Ob sich die durch den Wandel hervorgebrachten Infrastrukturen der Eventbranche 2.0 allerdings dauerhaft bewähren werden, bleibt zunächst offen. Fakt ist, dass vielerorts investiert wurde und die Ausgangssituation damit eine andere ist, als sie es noch vor wenigen Monaten war.

  • Szenario II: Alles kehrt zurück zum Alten

Wieder andere sehen es als wahrscheinlich an, alles würde früher oder später zum Alten zurückkehren. Schließlich wären es gerade der direkte persönliche Austausch, das Netzwerken, die zwischenmenschliche Interaktion, die ein gelungenes Event neben den eigentlichen Inhalten ausmachen würden.

Neil Brownlee von VisitScotland hat es in seinem Beitrag vom Juli 2020 recht pragmatisch auf den Punkt gebracht: „It is literally part of our DNA”. Dass er damit nicht Unrecht hat, beweist uns die Sozialforschung. Er spricht gar von einer Art „Magie“, die dem Zusammenkommen bei einer Veranstaltung innewohnt.

Tatsächlich teile ich seine Einstellung, was das betrifft: Teamevents und Netzwerkveranstaltungen lassen sich zwar grundsätzlich virtuell abhalten, doch handelt es sich bei dieser speziellen Art von Events eben nicht um die klassischen Großveranstaltungen mit informationellem Charakter.

  • Szenario III: Hybride Eventformen werden sich auf lange Sicht durchsetzen

Im dritten und letzten Szenario gehen wir davon aus, dass sich Mischformen aus On-Site und virtuellen Events durchsetzen werden. Unabhängig davon, wie sich die Branche langfristig entwickeln wird, können wir inzwischen relativ sicher davon ausgehen, dieses Szenario zumindest zeitweise (während der Rückkehr zur alten Realität) zu erleben.

Die Vorstellung, dass hybride Events auch nach dem Ende der Corona-Pandemie weiterhin gefragt sein werden, ist aber vor allem in Hinblick auf den Klimaschutz nicht abwegig. Fallen beispielsweise mehrere Tausend Kilometer Anfahrtswege für Mitarbeiter von außerhalb weg, spart das nicht nur Kosten sondern auch Emissionen – eine komplementäre Verknüpfung von Digitalisierung und Nachhaltigkeit.

Komme, was wolle: was haben wir in jedem Fall gelernt?

Trotz aller Ungewissheit und Herausforderungen bin ich fest davon überzeugt, dass uns diese schwierige Zeit zugleich einige wichtige Dinge gelehrt hat. So wurde in den letzten Monaten besonders deutlich, dass das Verlassen der eigenen „Komfortzone“ manchmal die einzige Chance darstellt, eine Veränderung herbeizuführen. Zeitgleich bewies sich antizipatives Handeln in der Krisenzeit als Mittel zum Erfolg. Jetzt gilt es, daran anzuknüpfen – komme was wolle.

Über den Autor

Christoph Scheunemann, Inhaber der Eventagentur younited®, organisiert mit seinem Team seit über 15 Jahren Teamevents für KMU und große Unternehmen in ganz Deutschland. Ende 2020 hat er eine neue Plattform für virtuelle Teamevents ins Leben gerufen, um der Coronakrise zu begegnen.