Sinn-voll: Beratung vor und während des Baus von Stadthallen

Die Messe „Locations“ kennt jeder, der mit MICE zu tun hat. Viele wissen auch, dass Michael Sinn dahinter steckt. Dass Sinn auch ein Beratungsunternehmen und eine Agentur führt, ist nahezu unbekannt.

Wenn wir uns platt ausdrücken dürfen:  Sie sind bekannt wie ein bunter Hund durch die Messe „Locations“, die Sie erfunden haben. Viele wissen nicht, dass Sie auch ein erfolgreiches Beratungsunternehmen führen: Kommunen dabei helfen, ob und wenn ja, wie sie neue Veranstaltungsimmobilien -bauen.  Wir haben gehört, Sie berieten die Stadt Ingelheim?

Sinn: Ja. Das ist in der Tat ein spannendes Projekt. Wir helfen dabei, eine Halle komplett neu zu bauen. Die Stadt Ingelheim hat entschieden, die Stadt-mitte zu stärken – unter anderem mit einer Veranstaltungshalle.

Wann sind Sie ins Boot geholt worden?

Sinn: Das Schöne für uns ist, dass wir schon vor eineinhalb Jahren mithelfen durften  zu planen – von Anfang an, lange bevor die Baugrube für die neue Halle ausgehoben  wurde. Das ist nicht immer so. Es kommt auch vor, dass solche Planungen beginnen, ohne dass MICE-Fachleute dabei gefragt werden.

Dann müssen Sie sattelfest mit Kommunalpolitikern diskutieren können. Denn diese bewundernswerten Idealisten, die in kleinen Städten ihre Freizeit für die Allgemeinheit opfern, entscheiden auf demokratisch legitimierter Basis, ob eine Halle gebaut wird und wie sie aussehen soll. Woher haben Sie kommunalpolitische Erfahrung?

Sinn: Ich bin kein -Kommunalpolitiker und habe deshalb nicht wirklich Erfahrung in der Kommunalpolitik. Vor meiner Selbständigkeit war ich jedoch im Hallenmanagement in den Rhein-Main-Hallen Wiesbaden und in der Mainzer Rheingoldhalle tätig und kenne von daher die Gremienarbeit und den Umgang mit der Kommunalpolitik sowie der Verwaltung. Bei allen kommunal betriebenen Hallen haben die Manager der städtischen Immobilien mit Kommunalpolitikern zu tun. Das Gleiche gilt auch für unsere Beratungstätigkeit. Präsentationen vor städtischen Gremien und Ausschüssen oder die Teilnahme an Informationsveranstaltungen für Bürger sind da ein wichtiger Bestandteil unserer Arbeit.

Dann müssen sich Hallenchefs immer wieder Kommunalpolitikern gegenüber rechtfertigen.

Sinn: Ja, genau. Es muss erklärt werden,  ob eine Erweiterung oder ein Hallen-neubau für die Stadt wirklich sinnvoll ist, beispielsweise. Das gehört zum täglichen Geschäft – die Abstimmung mit dem Gesellschafter, und das ist in vielen Fällen die Stadt und ihre Gremien. Es geht hier aber weniger um eine „Rechtfertigung“, sondern vielmehr darum, eigene Überlegungen darzulegen und Hintergründe aufzuzeigen. Man muss die Kommunalpolitik mit ins Boot holen und die Entscheidungsträger von dem, was man vorhat, überzeugen. Letztendlich geht es auch immer darum, zum Wohle der Stadt zu handeln.

In Ingelheim hatten Sie in der Entscheidungs- und Genehmigungsphase für die neue Halle viel mit der städtischen Politik zu tun. Jetzt ist die Baugrube ausgehoben. Sind Ihre Gesprächspartner nun Architekten und Bauingenieure?

Sinn: Stimmt! Während vor einem Jahr noch eher grundsätzliche Themen wie Wirtschaftlichkeitsberechnungen oder Umwegrentabilität im Vordergrund standen, geht es jetzt doch eher um die konkrete Hallenplanung, Grundrisse, Anfahrtswege und Ausstattungen. Und darüber reden wir nun vor allem mit Ingenieuren und Fachplanern. In Ingelheim läuft das wunderbar; wir haben sogar einen Akustik-Spezialisten mit hervorragenden Referenzen aus dem -Bereich der Konzerthallen als -Gesprächspartner.

Ingelheim verbinden viele mit dem global agierenden Pharmakonzern Boehringer Ingelheim. Erhoffen Sie sich von diesem Weltkonzern von Anfang an eine gute Auslastung der Halle?

Sinn: Natürlich wäre es schön, wenn so ein weltweit renommiertes Unternehmen wie Boehringer die ein oder andere Veranstaltung zukünftig in der neuen Halle in Ingelheim, also am Firmensitz, organisieren würde. Aber es ist nicht so, dass die Halle für Boehringer gebaut wird. Bauherr ist die Stadt Ingelheim und primäres Ziel ist es, Veranstaltungen von außerhalb nach Ingelheim zu holen.

Wer ist dann Ihre Zielgruppe?

Sinn: Das mittlere  Marktsegment – also Verbandstagungen und Firmenveranstaltungen, die für die Hotellerie und die kleinen Hallen zu groß, und für die großen Hallen, wie zum Beispiel die Rhein-Main-Hallen in Wiesbaden, zu klein sind. Wer Tagungen mit 400 bis 600 Personen organisiert, hat in der Region oftmals ein Problem, die passende Halle zu finden. Dies gilt umso mehr, wenn neben einem Plenum auch noch Räume für begleitende Workshops und Ausstellungsflächen benötigt werden. In diese Marktlücke wollen wir stoßen.

Ist der Bau mittelgroßer Veranstaltungs-zentren Ihre Spezialität?

Sinn: Nein. So ein Projekt wie die neue Veranstaltungshalle in Ingelheim ist schon ein echtes Highlight, auch weil sich die Halle durch eine wirklich außergewöhnliche Architektur, eine hervor-ragende Funktionalität und eine Top-Ausstattung positiv von vielen anderen Hallen abheben wird. Die für Ingelheim angestrebte Hallengröße hat sich dabei aus den Analysen und Überlegungen ergeben, die wir am Anfang unserer Beratertätigkeit für Ingelheim übernommen haben. Ingelheim ist eine Stadt mit gut 26.000 Einwohnern und wenn wir in der Stadtmitte bauen, dann müssen wir natürlich auch die Themen Anfahrt und Parken berücksichtigen. Wir wollen auch keine Konkurrenz aufbauen zu Mainz oder Wiesbaden. Von daher wäre eine noch größere Halle für den Standort Ingelheim nicht sinnvoll.

Beim Haus der Begegnung in Königstein haben Sie auch geholfen? (Lesen Sie darüber in Convention 3/2014).

Sinn: Ja. Der Unterschied zu Ingelheim war in Königstein, dass dort bereits eine denkmalgeschützte aber sehr sanierungsbedürftige Halle stand. Es ging hier also nicht um einen Neubau, sondern um die Neuausrichtung eines bestehenden Gebäudes. Wir haben dabei geholfen, diese Halle zu einem schönen, modernen Veranstaltungszentrum zu sanieren. Und ich freue mich sehr, wenn ich heute sehe, was für tolle Veranstaltungen im Haus der Begegnung stattfinden. Das ist sicherlich auch ein Erfolg, der auf die hervorragende Arbeit des dortigen Hallenmanagements mit Roman Kerber an der Spitze zurückzuführen ist.

Sie haben auch eine Agentur; welchen -Geschäftsgegenstand hat diese?

Sinn: Wir sind ganz klassisch für Kunden tätig, also für Dritte. Wir organisieren Veranstaltungen für sie, wobei die Spezialisierung auf Tagungen, Konferenzen und Ausstellungen liegt. Das ist der Unterschied zu unserer eigenen Veranstaltertätigkeit bei den Locations-Messen, wo wir ja selbst Veranstalter sind. Beispielsweise betreuen wir das komplette Veranstaltungsgeschäft für die TIFA, ein bundesweit tätiges Unternehmen aus Wiesbaden. Die TIFA ist im  Convenience-Food-Bereich tätig und beliefert die Großgastronomie wie zum Beispiel die Bundeswehr-Küchen oder verschiedene Studentenwerke. Für diesen Kunden haben wir schon vor Jahren das komplette Veranstaltungsgeschäft übernommen. Von der Verkäufertagung über die jährliche Generalversammlung bis zur Hausmesse.

Die Fragen stellte Thomas Grether

 

lieblieb

In Ingelheim entsteht derzeit eine neue Veranstaltungshalle. Michael Sinn berät die Stadt sowie die Planer und Architekten, damit das neue Gebäude hohen Nutzwert haben wird. Simulation: Lieb + Lieb Architekten